Anfang April sollte der Bundestag über einen Gesetzesentwurf zu einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren gegen das SARS-Cov 2-Virus entscheiden. Wer sich nicht gegen das Virus impfen lassen will, dem hätten Bußgelder und Reisebeschränkungen gedroht. Dieses Szenario scheint seit Montag erst einmal vom Tisch. Als fauler „Kompromiss“ wird aber immer noch über eine Impfpflicht ab 50 Jahren debattiert. Viele sind sich überhaupt nicht bewusst, was sich der Staat mit einer solchen Impfpflicht erlauben würde. Das Gesetz bedeutet für über 50-Jährige ungeimpfte Bürger, dass der Staat ihnen pauschal einen körperlichen Eingriff aufzwingen kann. Wenn man es genau nimmt, ist sogar der Tatbestand einer Körperverletzung erfüllt.
Eines muss man dem Bundestag lassen. Nach über zwei Jahren exekutiver Verordnungspolitik darf das eigentlich gesetzgebende Parlament endlich wieder seiner Arbeit nachkommen, debattieren und sogar nur nach seinem Gewissen über ein Gesetz entscheiden, nicht nach Fraktionszwang. Angesichts über Nacht locker gemachter 100 Milliarden „Sondervermögen“ für die Bundeswehr oder von einer Gesundheitsbehörde mal so eben verkürzten Genesenenzertifikaten kommt das fast einer Party der parlamentarischen Demokratie gleich. Was dabei allerdings zur Debatte steht, würde die Mündigkeit des Bürgers stark malträtieren. Denn sollte die Impfpflicht ab 50 beschlossen werden, wäre der Staat dazu ermächtigt eine Körperverletzung zu verordnen.
Richtig gelesen: Eine unfreiwillige Impfung ist eine Körperverletzung. Im Strafgesetzbuch wird die Körperverletzung auch als „Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit“ bezeichnet. Im mittlerweile auf Eis gelegten Gesetzesentwurf zur allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren ist deutlich benannt, dass mit diesem Beschluss das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit eingeschränkt wird (Seite 23). Im Strafgesetzbuch heißt es in Paragraph 223 (1): „Wer eine anderen Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt“ mache sich der Körperverletzung schuldig. Das gilt auch für Zwangsgeimpfte ab 50 Jahren.
Eine Impfung ist ein körperlicher Einriff in einer Gesundheitsphase, um eine später auftretende Krankheit zu verhindern oder abzufedern. Sprich: Eine Impfung schadet kurz nach ihrer Verabreichung erst einmal der Gesundheit – sowohl es durch den Einstich selbst, als auch durch die darauf folgenden häufigen Impfreaktionen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt, Geimpfte ab 16 Jahren in den Zulassungsstudien hätten zu 90 Prozent über Schmerzen an der Einstichstelle, zu 70 Prozent über Müdigkeit, zu 60 Prozent über Kopfschmerzen, zu 40 Prozent über Muskelschmerzen und Schüttelfrost und zu 20 Prozent über Gelenkschmerzen und Fieber geklagt. Allein durch die gängigen Impfreaktionen sind Patienten also in aller Regel kurz nach der Impfung gesundheitlich eingeschränkter als vor der Impfung – nur, dass dieser Eingriff bislang auf Freiwilligkeit beruhte und niemand im Falle einer Ablehnung kriminalisiert wurde.
Die Impfung kann töten
Auch kann es zu Impfkomplikationen kommen, die anders als die Impfreaktionen nicht erwartbar sind. Allein bis Dezember 2021 zählte das Paul-Ehrlich-Institut in einem Sicherheitsbericht rund 2.255 Verdachtsfälle auf, in denen unerwünschte Nebenwirkungen zum Tode geführt haben könnten (Seite 9). Klar, durch eine SARS-Covid 2-Impfung zu versterben ist sehr unwahrscheinlich . Dennoch: Diese Impfung kann töten. Durch eine Pflichtimpfung werden dadurch also auch Menschen getötet, die ohne diese Pflicht keiner Impfung zugestimmt hätten und auch nicht an SARS-COV-2 gestorben wären. Manchmal kann eine Impfung die Gesundheit der Menschen mehr beeinträchtigen, als dies eine Infektion mit SARS-Covid 2 bedeutet hätte. Und obwohl die schweren Verläufe in den Altersgruppen ab 50 deutlich häufiger anzutreffen sind, als in niedrigeren Altersgruppen ist es auch bei der Impfplicht ab 50 einfach fakt, dass nicht jeder Infizierte automatisch lebensgefährlich krank wird. So zeigen etwa Untersuchungen zur sogenannten T-Zellen-Kreuzimmunität auf, dass sich manche Menschen aufgrund früherer Infektionen mit anderen Coronaviren überhaupt nicht anstecken können. Darunter sind bestimmt auch viele über 50-Jährige, die sich nicht impfen lassen wollen – aber dennoch müssen, sollte die Impfung ab diesem Alter vorgeschrieben sein.
Aus diesem ethischen Dilemma kommen die Impfpflichtbefürworter nur schwer heraus. Ist es gerechtfertigt, Menschen zu opfern, um eine größere Masse vor sich selbst zu retten? Denn anders als im Gesetzesentwurf behauptet, schützt eine Impfung gegen SARS-COV-2 nicht wesentlich vor einer Weitergabe des Virus. Das lässt sich etwa anhand von weitestgehend durchgeimpften Ländern wie Spanien (85 Prozent Impfquote) und Portugal (90 Prozent) ablesen, die im Zuge der Omikron-Welle teilweise noch höhere Infektionskurven verzeichneten als Deutschland. Der Fremdschutz durch die Impfung – und damit die einzige legitime Rechtfertigung einer verordneten Körperverletzung – ist also nicht signifikant.

Jetzt würden wahrscheinlich einige argumentieren, ein blockiertes Intensivbett bei Überlastung des Gesundheitssystems durch ungeimpfte Corona-Patienten ist auch für alle anderen Patienten beeinträchtigend. Denn wenn das Personal überlastet ist, leidet der gesamte Behandlungsprozess aller. Lassen sich gerade ältere Menschen also nicht impfen, nehmen sie ein erhöhtes Risiko in Kauf, das Gesundheitssystem beanspruchen zu müssen während andere Patienten dort unverschuldet landen. Außerdem gibt es nicht wenige, die eine Weitergabe des Virus an andere als Körperverletzung bezeichnen würden – vorausgesetzt es wurde nicht alles mögliche dafür getan, das Risiko einer Ansteckung zu minimieren – etwa durch eine Impfung. Das ist jedoch falsch, denn eine Körperverletzung muss vorsätzlich sein. Corona-Maßnahmen oder die Impfung sind als Prävention gedacht – sprich für Situationen, in denen niemand wissen kann, ob er das Virus in sich trägt und ob er daran schwer erkranken wird. Ein Vorsatz ist hier nicht zu erkennen – anders als bei einer Pflichtimpfung. Hier werden Impfunwillige aktiv zu einem Eingriff gezwungen, dem sie nicht zustimmen – es sei denn sie nehmen ökonomische Nachteile und erhebliche Freiheitseinschränkungen in Kauf. Die Einführung von 2G oder 3G in Bus und Bahn wird daher auch als „Impfpflicht durch die Hintertür“ bezeichnet.
Keine Daten über Genesene
Außerdem müssen sich auch Genesene nach drei Monaten impfen lassen, die die Krankheit gegebenenfalls gut überstanden haben und bereits bewiesen haben, dass sie keine Krankenressourcen wegen SARS-COV 2 beanspruchen müssen. Über den Aufenthalt bereits zuvor Infizierter Corona-Patienten auf Intensivstationen gibt es keine Daten, weswegen überhaupt nicht begründet werden kann, warum sich Genesene dem Risiko einer Impfung überhaupt aussetzen sollten – insbesondere wenn sie die Krankheit gut überstanden haben und ihnen durch das Virus offenbar keine große Gefahr droht. Die allgemeine Impfpflicht sollte ab Oktober 2022 gelten. Begründung dafür waren unter anderem noch nicht geschehene Virusmutationen und eine „zu erwartende“ Zunahme der Fallzahlen im Herbst. Auch jetzt verzeichnet das RKI Rekordzahlen – von einer Überlastung des Gesundheitssystems kann jedoch keine Rede sein. Österreich setzte die bereits beschlossene Impfpflicht wegen der milderen Omikron-Variante bereits aus. Und Deutschland will nun eine Impfpflicht ab 50 gegen eine noch nicht entstandene Variante verhängen – mit einem Impfstoff, der gegen eine viel frühere Variante entwickelt wurde. Oder anders ausgedrückt: Der Staat verpflichtet seine Bürger zu einem körperlichen Eingriff, der tödlich enden kann. Und das, weil – übersetzt gesagt – die Zukunft ungewiss ist und dieser Eingriff später einmal seinen Gesamtnutzen auf das Gesundheitssystem haben könnte. Abenteuerlich.
Um die These nochmals zu verdeutlichen, warum eine Impfpflicht eine Körperverletzung ist zitiere ich eine Darstellung des Institut für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht der Universität Freiburg. Stellt eine uneingewilligte ärztliche Behandlung also wirklich eine Körperverletzung dar?
Dazu zwei erläutert das Institut zwei Ansichten: In der ersten Ansicht sei jeder nicht eingewilligte ärztliche Eingriff eine Körperverletzung. Diese könne auf weiterem Wege jedoch durch eine angemessene Rechtfertigung juristisch umgangen werden kann. Bedeutend dabei sei etwa eine sogenannte „mutmaßliche Einwilligung“ des Patienten, die beispielsweise im Falle von Bewusstlosigkeit abgewogen werden muss. Im Falle einer Impfpflicht jedoch handelt es sich nicht um eine mutmaßliche Einwilligung, sondern um eine deutliche und bewusste Ablehnung des Patienten – dennoch wird dieser aufgrund seiner Entscheidung kriminalisiert, benachteiligt und unter Druck gesetzt. Das Institut führt noch eine weitere Ansicht aus, die den Tatbestand der Körperverletzung etwas enger fasst.
„Danach soll der indizierte und kunstgerecht ausgeführte ärztliche Heileingriff bereits nicht den Tatbestand einer Körperverletzung erfüllen, selbst wenn dieser gegen den ausdrücklichen Willen des Patienten durchgeführt wird.“
Haben wir hier nun die Rechtfertigung durch die Impfpflicht? Auch nicht. Denn hier ist ausdrücklich von einem „Heileingriff“ die Rede. Eine Impfung heilt nicht, sondern stellt lediglich eine präventative Behandlung einer Krankheit dar, die noch gar nicht ausgebrochen ist und die den Patienten vielleicht auch gar nicht heimsuchen wird.
Ab wann ist eine Plichtimpfung ein „erfolgreicher Eingriff“?
Außerdem werde, so das Institut, im Einzelfall entschieden, ob der Eingriff erfolgreich sei und fachlich korrekt durchgeführt wurde. Was, wenn der Patient also trotz der verpflichteten Impfung schwer an SARS-COV-2 erkrankt? Was wenn sich gar keine Antikörper durch die Impfung herausbilden, was vereinzelt vorkommen kann? Wie soll ein solcher Behandlungserfolg gemessen werden, wenn die mögliche Krankheit in der Zukunft liegt, viele Menschen trotz dreifacher Impfung auf den Intensivstationen landen und die Schwere der Krankheit auch zwischen den sogenannten Risikogruppen höchst unterschiedlich ausgeprägt sein kann? Wie soll da ein Behandlungserfolg überhaupt objektiv bewertbar sein? Wer haftet für die mit Sicherheit anfallenden Impfschäden?
Fragen über Fragen
Über all dies scheinen die Impfpflicht-Befürworter nicht ausreichend nachgedacht zu haben. Wie auch? Im Gesetzesentwurf zur allgemeinen Impfpflicht wurden diese Probleme nicht aufgeführt. Noch nicht einmal auf die Höhe des Bußgeldes konnte sich der Bund bislang festlegen. Genauso wenig darüber, ob nur ein Bußgeld bezahlt werden muss oder ob bei weiterer Nicht-Beachtung der Impfpflicht mehrere Bescheide ins Haus flattern. Dafür seien örtliche Behörden zuständig, heißt es dazu nur vonseiten der Ersteller. Beugehaft für Unwillige schließen sie ebenfalls aus. Was passiert also, wenn über 50-Jährige Ungeimpfte das Bußgeld einfach nicht bezahlen? Ebenfalls ist stark anzuzweifeln, dass die Pflicht nach drei Impfungen wirklich endet, wie es der Gesetzestext vorsieht. Für ebenjene Risikogruppen ist die vierte Impfung bereits seit einigen Wochen empfohlen, weil der Impfschutz mit der Zeit abnimmt. Handelt es sich bei der Impfpflicht ab 50 also um eher um eine Impfabo-Pflicht? Der Gedanke liegt nahe. Pfizer-Chef Albert Bourla macht sich im Interview mit der Berliner Zeitung bereits für die vierte Impfung für alle stark – die Goldgrube muss schließlich weiter befüllt werden.
Sollte eine Impfpflicht ab 50 tatsächlich beschlossen werden ist nur eines klar: Die Bundesregierung kann uns offiziell in die eigenen Körpersäfte hineinregieren – und das für den reinen Selbstschutz. Wo dieser Paradigmenwechsel hinführen kann, lässt sich nur befürchten. Jedoch ist sebst die allgemeine Impfpflicht immer noch nicht ganz vom Tisch. Einer der Hauptinitiatoren des mittlerweile verworfenen Gesetzesentwurfs Janosh Dahmen (Grüne) kündigte am Montag bereits die Neuerarbeitung eines Gesetzes zur allgemeinen Impfpflicht ab 18 an.
Man könnte meinen, manche lernen es nie. Auch wenn sich Gegner der Impfpflicht also über einen Teilerfolg freuen können, ist es zum Durchatmen noch viel zu früh.