Donald Trump ist Corona-Positiv. Liebe Medienvertreter: Geht es auch eine Nummer kleiner?

Donald Trump hat sich höchstwahrscheinlich mit dem SARS-Covid2-Erreger infiziert. Wenn er Pech hat, erleidet der 74-Jährige einen schweren Verlauf der Krankheit. Wenn er Pech hat. Bislang gibt es keinerlei Bestätigung, dass der US-Präsident überhaupt stärkere Symptome zeigt. Von daher stellt sich die Frage: Liebe Medienvertreter: Geht es auch eine Nummer kleiner?

„Der amerikanische Patient“ hat der Spiegel am Freitag auf seiner Website getitelt. Der Artikel dreht sich darum, dass sich das Ehepaar Donald und Melania Trump mit dem SARS-Covid2-Virus angesteckt hat – wie das Weiße Haus vor einigen Stunden auf Twitter bestätigte. Doch das war nur der Aufhänger des Textes. Denn der Spiegel spekuliert munter darauf los, was für eine politische Krise sich nun anbahnen könnte, ob der Wahlkampf nun vorbei ist oder wer statt Trump nun die Geschicke des Landes übernehmen würde, sollte der Präsident ernsthaft erkranken. Es ist ein „Hätte, wenn und aber“ einer sich angeblich anbahnenden politischen Apokalypse – das jedoch, ohne konkrete Indizien für das Eintreten dieses Szenarios benennen zu können.

Twitter.com/realDonaldTrump

Die Fakten: Trump befindet sich in Quarantäne. Bislang soll der Präsident nur leichte Symptome haben, die einer Erkältung gleichen, schreibt die New York Times. Durch die Quarantäne-Zeit von 14 Tagen kann er seinen Wahlkampf in der Tat nicht wie geplant fortführen. Vom 3. bis 5. Oktober hätte beispielsweise Trumps Florida-Tour stattgefunden, die nun ins Wasser fällt. Auch die Events in einem anderen umkämpften Swing-State, Ohio, sind von der Quarantäne-Zeit betroffen.

Der Spiegel jedoch dehnt einfach auf eigene Faust Trumps ausgemachte Quarantäne-Zeit aus und stellt die starke Vermutung auf, dass auch die zweite und dritte TV-Debatte (15. und 22. Oktober) durch dessen Ansteckung ausfallen würden.

Der Spiegel schreibt:

„Die beiden noch geplanten TV-Debatten zwischen Donald Trump und Joe Biden – übernächste Woche und in der Woche darauf – fallen jetzt höchstwahrscheinlich aus.“ 

Wie kommt das Blatt auf eine solche Behauptung? Weder der 15. Oktober noch der 22. fallen in Trumps angedachter Quarantäne-Zeit. Der einzige Anhaltspunkt dafür ist, dass lediglich die TV-Debatte am 15. Oktober eventuell verschoben (!) werden könnte, da der medizinische Stab Trump von einer Debatte so kurz nach der Infektion von der Diskussion abrät. Natürlich würde ein schwerer Covid-Verlauf von Donald Trump diese Spiegel-Vermutung doch noch bestätigen. Jedoch sieht es derzeit nicht nach einer ernsthaften Erkrankung des Staatsoberhauptes aus.

Doch der Spiegel vermutet und behauptet weiter einfach munter ins Blaue hinein.

„Auch die großen Wahlkampfevents Trumps, seine Rallys mit Zehntausenden Fans, die ihm zujubeln, ohne Masken und eng gedrängt, sind jetzt wahrscheinlich erst mal passé. Mit anderen Worten: Dieser Wahlkampf ist so gut wie vorbei. Das hat es noch nie gegeben. Schon gibt es Gerüchte, dass Trump die Krise nutzt, um erneut einen Aufschub des Wahltermins ins Spiel zu bringen.“

Gerüchte also. Na dann muss es ja stimmen. Es hätte nicht geschadet, zumindest einmal eine Quelle dieser „Gerüchte“ zu nennen, damit die Leser deren Glaubwürdigkeit selbst nachprüfen können. Aber so viel Zeit war wahrscheinlich nicht vorhanden, schließlich muss man die frische Nachricht so schnell und ökonomisch wie möglich verpacken.

Ansteckung beim TV-Duell? Eher unwahrscheinlich

Einen weiteren Schnitzer leistet sich der Spiegel in der Frage, ob nun auch Joe Biden mit dem Virus infiziert sein könnte. Schließlich standen sich Trump und Biden am Dienstag beim ersten TV-Duell gegenüber. Am Mittwoch hatte Trumps Beraterin Hope Hicks die ersten Symptome gezeigt, bei der sich der Amtsträger wohl angesteckt hat.

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Was jedoch nicht erwähnt wurde ist, dass die Kandidaten und das TV-Personal vor der Debatte einen Corona-Test hatten. Trump erwähnte diesen Umstand während dem Duell sogar, als er seine Einstellung zu Masken erklärte.

„Ich trage eine Maske, wenn ich denke, ich brauche sie. Heute Nacht zum Beispiel haben alle einen negativen Test und wir machen social distancing (…)“

Trump bei der TV-Debatte des US-Wahlkampfes am Dienstag

Es ist also unwahrscheinlich, dass Trump vor und während dem Duell bereits infiziert war. Es sei denn, der Test fiel „falsch negativ“ aus. Besonders in den ersten Tagen einer Infektion sind falsch negative Ergebnisse keine Seltenheit, wie eine Untersuchung in den Annals of Internal Medicine zeigt. Bei geringerer Viruslast im Rachen ist jedoch auch von einer geringeren Infektiosität auszugehen. Dass die Anwesenden vor dem TV-Duell im Vorfeld getestet wurden, hätte der Spiegel aber durchaus einmal erwähnen können.

Ganz am Rande erwähnt der Spiegel den einzig entscheidenden Fakt

Nach all den Behauptungen und Vermutungen des Spiegels erwähnt der Verfasser erst ganz am Ende des Artikels, dass all diese geschilderten Glaskugel-Szenarien, die das Ende der Trump-Kampagne herbeireden, alles in einem einzig davon abhängig sind, wie schwer Trumps Krankheitsverlauf letztlich ist. Der wichtigste und fast einzige Fakt kommt also ganz zum Schluss. Macht ja nix, denn der Click auf den Artikel ist ja dann schon getätigt und der Spiegeltext hat seine einzige Aufgabe erfüllt.

„Wie es weitergeht, hängt ganz davon ab, wie Trumps Infektion verläuft – ein unberechenbarer Ausblick. Wenn sie glimpflich vorübergeht, dürften die Folgen gering bleiben.“

Ein schwerer Covid-Verlauf ist niemandem, auch Trump nicht zu wünschen. Bis dahin heißt es einfach: Abwarten und sich an die Fakten halten.

Auch andere Medien spekulieren was das Zeug hält

Jedoch spekulieren auch andere große Medien munter drauf los. „Was passiert, wenn Trump schwer krank würde?“, titelt etwa die FAZ. Damit verbreitet die Zeitung einen Informationstext der Eventualitäten. Diese Sachfragen sind zwar für den Leser informativ und können durchaus sinnvoll sein, aufgegriffen zu werden. Jedoch suggeriert eine solche Schlagzeile, dass nun eine absolute Ausnahmesituation in der amerikanischen Politik herrscht und die Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung eines US-Präsidenten lange nicht mehr so hoch sei.

Tatsache ist jedoch, dass Trump nicht der erste und nicht der letzte Präsident sein wird, der an was auch immer erkranken wird. Jetzt bereits über eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit des Präsidenten zu spekulieren, ist nicht nur geschmacklos, sondern auch Angstmacherei. Es suggeriert: Wer Covid hat, musst sich sofort über einen schweren Verlauf und was danach kommt Gedanken machen. Diese Angst und Panik dürfte nicht gerade dazu beitragen, diese Krankheit gut zu überstehen. Man könnte fast unterstellen, dass sich einige Schreiberlinge gar erhoffen, Trump könnte bereits durch das Virus und nicht erst durch eine demokratische Wahl entmachtet werden.

Trump tätigt weiter Amtsgeschäfte

Die FAZ hätte genauso gut titeln können: „Was passiert, wenn ein Präsident schwer erkrankt?“. Das würde zum einen die ständige Assoziation abschwächen, dass eine Covid-Erkrankung immer nur mit dem Schlimmsten in Verbindung zu bringen ist. Zum anderen würde es die Fragestellung allgemeiner halten und nicht direkt mit dem Fall Trump verknüpft werden. Schließlich leitet der Präsident noch trotz Corona die Geschicke des weißen Hauses und ist arbeitsfähig, wie die Welt von einem Vertreter des Präsidialamts berichtet.

Hätten die Fakten nicht erst einmal gereicht?

Seit dem Bekanntwerden von Trumps Virus-Infektion häufen sich also fast im Sekundentakt die Spekulationen, Fragen und Behauptungen über das weitere Vorgehen in der US-Politik. Was bislang fakt ist: Trump ist positiv getestet, hat leichte Symptome und regiert nun eben in Quarantäne das Land. Einige Veranstaltungen fallen aus und vielleicht wird die zweite TV-Debatte verschoben. Weitere Informationen und Entwicklungen folgen. Hätten diese Neuigkeiten nicht gereicht, um die Bevölkerung ausreichend über den Sachstand zu informieren?

Veröffentlicht von chsscha

Freidenkender Schreiberling, der sich um Zukunftsfragen Gedanken macht und Fragen stellt, die nicht in Dauerbeschallung durch die Kanäle der Republik gepeitscht werden. Ich bin Mitgründer und Administrator des Gemeinschaftsblogs www.generaldebatten.com. Auch findet ihr uns auf unserem Youtube-Channel "knallhart durchgeleuchtet". Viel Spaß beim Durchstöbern unserer und meiner Inhalte!

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